Wellen von Energien

Wellen von Energien. Surfen als Paradigma für die Suche nach dem Selbst.

von Stefan Becker

»Die grössten Kapitalien sind nicht beständiger als die Wogen des Meeres, auf denen sie sich gründen.«[1]

(Murillo Velarde, 1749)

Reichtum und die Kraft und Tragfähigkeit von Wellen stehen in einer langen Tradition ökonomischer Expansion, nicht zuletzt deshalb, weil die Wogen des Meeres unermessliche Schätze ebenso wie das plötzliche Verderben verhießen und noch verheißen. Die Suche nach fremden Ufern, zu denen nur der Weg über die Ozeane führte, verlangt Risikobereitschaft und Abenteuerlust wie auch Arbeitswillen und Aufopferungsbereitschaft. Dies manifestiert sich auch heute in den aktuellen und vielschichtigen Diskussionen um das Verhältnis von Leben und Arbeit, wie insbesondere die Fluten von hierzu verfassten Ratgebern, wissenschaftlichen Publikation und Zeitungsbeiträgen anzeigen. In der weithin bekannten phrasischen Gegenüberstellung bezieht sich die eine Zuschreibungsmöglichkeit ‚Arbeiten um zu leben‘ auf die Notwendigkeit, der sich jedes Subjekt des Staates unterwerfen muss, um seinen Status in seinen – bewusst oder unbewusst begehrten – Sicherheitsbedürfnislagen zu erschaffen und/oder zu erhalten. In dem Opponenten dieser Lebensbeschreibung – ‚Leben um zu arbeiten‘ – wird das Aufgehen des Subjekts in seiner Pflichterfüllung herausgestellt, das die Annehmlichkeiten des Lebens nur durch Arbeit erreichen kann und nicht aus diesem Selbstverständnis heraustreten kann. Denn der Mensch, so drängt diese Unterscheidung in ihren Polarisierungen auf, ist in der Gestaltung seines Lebens eigenverantwortlich und besitzt durch seine Vernunft die Fähigkeit, Entscheidungen nach seinen Vorstellungen zu treffen und diese durchzusetzen. Auf dem Prinzip eines aufgeklärten Menschen beruhend, der in dem Spannungsfeld seiner Freiheiten und Pflichten gegenüber einer Gemeinschaft existiert, ist seine Wirtschaftlichkeit und Vernunft geradezu unerlässlich und somit ein Paradigma der Wissenschaft.

I. Arbeit

Was ist Arbeit? Und was nicht? Eine ganz eindeutige Unterscheidung trifft hierfür die Wirtschaftstheorie, was nicht unrelevant ist, schließlich werden alle angehenden Ökonomen weltweiter Finanzmarktnetzwerke damit großgezogen; der homo oeconomicus ist ein rationales Wesen, das in einer arbeitsteiligen Gesellschaft dadurch charakterisiert werden kann, dass es nutzenoptimal denkt und handelt. Dies bezieht sich zum einen auf das Tauschverhalten des Menschen, der aus den Gütern, die er besitzt, im Handel mit anderen Gütern seinen Bedürfnissen nach bestmöglichen Gegenwert erreichen will – relational am messbarsten durch die Zuschreibung eines Geldwertes zu errechnen. Die Faktoren, welche den Tauschwert bestimmen, unterliegen den jeweiligen Bedürfnissen der Tauschpartner, die sehr individuell und somit variabel sind, sowie nach der gängigen ökonomischen Theorie dem Verhältnis von einem insbesondere produktionsbedingten Angebot und der Nachfrage durch potentiell Begehrende. Dass die Nachfrage sich an den Bedürfnissen erbaut, letztere aber weniger an den primären oder sekundären orientiert ist, sondern vielmehr an künstlich erzeugten in einer heutig häufig konstatierten Überflussgesellschaft, zeigt die von dem Soziologen Niklas Luhmann analysierte konstruierte Knappheit von Arbeit an:

»Erst eine Gesellschaft mit Geldwirtschaft kann den phantastischen Gedanken aufbringen, Arbeit sei knapp und deshalb begehrenswert. Zunächst liegt diese Ersatzparadoxie außerhalb aller strukturellen und semantischen Horizonte. Wenn man Sklaverei zu beschreiben hatte, dann nach Art der Dinge und nicht als dem Menschen angemessene Lebensführung. Arbeit ist Strafe Gottes, ist Mühsal, ist erniedrigende Plackerei.«[2]

Knappheit von Arbeit ist nicht einfach, sondern wird hergestellt. In diesem Sinne gibt es auch keine ökonomischen Gesetze außerhalb der Endlichkeit natürlicher Ressourcen, denen Menschen in ihrer Natur unterworfen wären, vielmehr beruhen wirtschaftswissenschaftliche Axiome auf Konstruktion von Expertennetzwerken. Diese kommen durch Wissensproduktion einer Nachfrage an aktuellem Erklärungsbedarf nach und versuchen diese aber gerade durch ein Angebot von Wissen zu befriedigen, das in erster Linie die Paradigmen der Wirtschaftswissenschaften selbst stützt, und zwar in dessen programmatischer Fluchtlinie der Profitmaximierung von gewinnorientierten Unternehmen. Dieses Phänomen bindet sich insbesondere an das zweite Merkmal des homo oeconomicus, der eben nicht nur rational, sondern auch seine körperlichen und zeitlichen Ressourcen in die Unterscheidung von Arbeit und Konsum verteilt – folgt man der ökonomischen Theorie. Der Arbeitnehmer arbeitet, um einen Lohn zu erhalten und so seine Bedürfnisse befriedigen zu können; durch den Tausch von Geld gegen Ware oder Geld gegen Gelderwartung in der Zukunft, indem er nach dem Prinzip des Sparens durch den Zins einen höheren zukünftigen Gegenwert für seinen momentanen Warenkorb zu erhalten sinnt. Dieses zukunftsgerichtete Denken formuliert Thomas Hobbes als eine wesentliche Eigenschaft des Menschen, welche letzterer in seiner Kultur als ein maßgebliches Sicherheitsdispositiv verankert:

»Zwar weisen auch einige Tierarten eine Art von staatlicher Ordnung auf, aber diese ist doch für ihre Wohlfahrt von ziemlich geringer Bedeutung. Sie kann daher auch außer Betracht bleiben; auch findet sie sich nur bei waffen- und bedürfnislosen Geschöpfen. Zu diesen gehört aber der Mensch nicht; denn so gewiß Schwerter und Spieße, die Waffen der Menschen, Hörner, Zähne und Stacheln, die Waffen der Tiere, übertreffen, so gewiß ist auch der Mensch, den sogar der künftige Hunger hungrig macht, raublustiger und grausamer als die Wölfe, Bären und Schlangen, deren Raubgier nicht länger dauert als ihr Hunger und die nur grausam sind, wenn sie gereizt sind.«[3]

Der Hunger des Menschen ist im Gegensatz zu den Tieren keiner, der ein aktuelles Bedürfnis zu befriedigen sucht, sondern ein konstruierter, der sich an das ‚morgen‘ richtet. Der Zins bedient das Bedürfnis nach dem morgigen Hunger, was den Menschen in seinem Selbstverständnis als Herrscher über Tier und Natur in eine Abhängigkeit seiner eigenen Konstruktion führt. Die arbeitsteilige Gesellschaft bringt in der Wirtschaftstheorie einen Lebensentwurf des Individuums hervor, der in Anlehnung an das rationale Tauschverhalten die Unterscheidung von Arbeit und Konsum trifft und das ökonomisch relevante Verhalten des Subjektes durch die Jagd (Geldeinnahmen durch Arbeit), Verzehr (Geldausgabe durch Konsum) und das Horten (Geldsparen für den Verzehr von morgen) beschreibt. Die Energie, die der Mensch für seinen Selbsterhalt aufbringt, also für Lohnerwerb, sieht Marx nicht in dem Begriff der Arbeit erfüllt, sondern ersetzt diesen durch den der Arbeitskraft, die der Mensch verkauft und durch den er sich selbst zum Kapitalisten machen kann.[4] Der Angestellte, wie er von Siegfried Kracauer zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschrieben wird,[5] ist die Reinform einer solchen ökonomischen Figur, die ihre zeitlichen und körperlichen Ressourcen gegen einen Lohn anbietet, »der auf der Grundlage einer bestimmten Marktsituation festgesetzt wird, die dem Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage in Bezug auf die Arbeitskraft entspricht.«[6]

Die Herausstellung des Menschen in seiner Kompetenz, einen Lohnerwerb durch Arbeitskraft als auch die Vermehrung seines ökonomischen Kapitals rational zu verwalten, stellt für Foucault einen Umbruch in der klassischen ökonomischen Denke dar. Der Mensch ist nicht mehr nur eine qualitative Größe in der auf die Profitmaximierung der Unternehmen konzentrierten Wirtschaftsrechnung, sondern akkumuliert sein Einkommen auf zweierlei Arten, nämlich durch den Verkauf seiner Arbeitskraft für einen Lohn sowie durch den Erwerb eines Einkommens beziehungsweise Lohns durch sein erworbenes Kapital.[7] Nach dieser Auffassung wird Mitte des 20. Jahrhunderts der Arbeiter zu einem Unternehmer. Dadurch verschiebt sich auch der Begriff von Arbeit und Kapital:

»Nun, die Gesamtheit aller physischen, psychologischen usw. Faktoren, die jemanden in die Lage versetzen, einen bestimmten Lohn zu verdienen, so dass vom Standpunkt des Arbeiters aus die Arbeit keine Ware ist, die sich durch Abstraktion auf die Arbeitskraft und die gearbeitete Zeit reduziert. Wenn man die Arbeit vom Standpunkt des Arbeiters aus in ökonomische Begriffe aufteilt, umfasst sie ein Kapital, d.h. eine Fähigkeit, eine Kompetenz; man sagt auch: sie ist eine Maschine.«[8]

Der Mensch wird zum Unternehmer seiner selbst. Nimmt man die missverständlichen Begriffe des Arbeitnehmers, der Arbeit gibt und dafür Lohn erhält, und des Arbeitgebers, der durch Anderen Arbeit hergestellte Produkte gewinnbringend anbieten will, dann finden wir den Unternehmer seiner selbst in einem stetigen Taumel zwischen diesen Zuschreibungen der Produktivität. In dieser Auffassung des Neoliberalismus fügt sich die eigentliche Antithese der Arbeit ein, welche das Konzept des unternehmerischen Selbst geradezu vervollständigt:

»Der konsumierende Mensch ist, insofern er konsumiert, ein Produzent. Was produziert er? Nun, er produziert ganz einfach seine eigene Befriedigung. Man muß den Konsum als eine unternehmerische Aktivität betrachten, durch die das Individuum eben auf der Grundlage des verfügbaren Kapitals seine eigene Befriedigung produziert.«[9]

Betrachtet man die Kompetenz des Menschen, Lohnerwerb durch Arbeit zu generieren und zu verwalten, als einen maschinisierten Arbeitsprozess, der von seinem Körper nicht zu trennen ist, kann der Konsum als eine Fütterung dieser Maschine aufgefasst werden, die wiederum Anschlussoperationen in seiner Kompetenz als Unternehmer ermöglicht. Der Mensch wird so zu einer Maschine, die durch die Bereitstellung ihrer körperlichen Ressourcen zukünftiges Existieren und Funktionieren ermöglicht und durch die Befriedigung von aktuellen Bedürfnissen ihre dafür notwendige Leistungsbereitschaft erhält.

Demgemäß muss diese Maschine hergestellt und gepflegt werden. Die Ökonomie spricht von Humankapital, die sich ein Staat zunutze machen muss, um eine starke Volkswirtschaft zu bauen. Gesunde, gut ausgebildete Arbeitskräfte, die motiviert und engagiert arbeiten, benötigen eine angemessene Bezahlung und eine Zukunftsperspektive, um morgens aus dem Bett zu kommen. Dazu braucht es unter anderem ökonomische Sicherheitsdispositive wie Zinsen und Renten, die Anreize schaffen, Banken und Behörden, die Unterlagen verwalten und Verträge sichern, und einen Staat, der all dies überwacht und für eine angemessene Verteilung der Ressourcen sorgt. Fällt der Glauben in diese Sicherheitsdispositive, stürzt die Macht in Ohnmacht und das System verliert an Glaubwürdigkeit. Und Glaubwürdigkeit ist eine zentrale Instanz einer funktionierenden Welt(Wirtschaft), wie die Börsen regelmäßig anzeigen.

II. Ausstattung

Jedes Subjekt ist als Unternehmer seiner selbst dazu angehalten, sich und seine Nachkommen als Träger von Humankapital aufzufassen, das sowohl aus angeborenen als auch erworbenen Elementen besteht.[10] Zusammen machen sie das aus, was die weithin verwendete Redewendung jeweilig begünstigender Energien von einem gesunden Geist und einem gesunden Körper auszudrücken versucht. Die Ausstattung, die jedes Subjekt mitbringt ist kostenlos, aber vielleicht nicht ohne Folgekosten, wie Foucault schon 1978 feststellt, wenn er über die Zukunft der Genetik und die Möglichkeiten und Zwänge der Erbgutoptimierung beziehungsweise Präimplantationsdiagnostik imaginiert.[11] Mit unterschiedlichen Qualitäten von Ausstattungen bedacht, steht es aber gerade in der Verantwortung des Subjektes und seiner Erziehungsinstitutionen, einen gesunden Körper herzustellen. Eine gesunde Ernährung, viel Bewegung und viel frische Luft sind dafür ebenso notwendig wie Besuche beim sorgsamen Kinderarzt, dem Kieferorthopäden oder dem Friseur. Denn um ein chancenreiches Subjekt auf dem Arbeitsmarkt zu werden, braucht es mehr als Gesundheit nach Innen, denn welchem Selbstbewusstsein und Lebenswillen kommt es denn schon zugute, im sozialen Umfeld aufgrund von Statusverletzungen mit verbalen Schmähungen und sozialen Herabsetzungen konfrontiert zu werden? Und diese Umfelder sollen auch sorgfältig ausgesucht sein, weshalb das lebenslange Lernen auch schon in früher Kindheit beginnen muss, da dort die feinen Unterschiede[12] wie Mehrsprachigkeit, Benimmregeln, Aufmerksamkeitsökonomie und künstlerische Ausdruckskompetenzen zum Zwecke der Überwindung konkurrierender Milieus erreicht werden kann. Dass nach dem erfolgreichen Durchlaufen möglichst hochrangiger Disziplinarinstitutionen wie Gymnasium und Hochschule in möglichst kurzer Zeit die Produktion von gesellschaftlich anerkannten Alleinstellungsmerkmalen nicht aufhört, daran erinnern einen nicht zuletzt die geflügelten Schlagworte wie Mobilität und Flexibilität. Dafür ist ein gesunder Körper eine verlangte Voraussetzung, die den disziplinierten und üppig ausgestatten Geist in sich trägt. Denn wer schnell aufsteigen will, der muss früh aufstehen und seine Kapitalanlage optimieren – sowohl in der Abendschule als auch im Fitnessstudio. Verlangt wird heute eine äußerliche Beweglichkeit, die auf eine innere Beweglichkeit verweist. Vitalität ist ein Zeichen von Entscheidungskompetenz, die in der Akkumulation von Energieströmen erzeugt werden kann und das Maximum an Nutzen hervorbringen soll. Der Unternehmer seiner selbst muss also seine Kompetenzen beziehungsweise sein Kapital so mobilisieren, dass er, sobald es um Spektren möglicher Bedürfnisbefriedigungen geht, ‚zur richtigen Zeit am richtigen Ort‘ sein kann. Und dass diese Kulmination einem nicht zufällig widerfährt, sondern eben auf den Einsatz von Kompetenz zurückgeht, ‚den richtigen Riecher‘ zu entwickeln und – vor allem – diesem nachgehen zu können, lässt sich in dem Idealbild des technischen Menschen versinnbildlichen, der in Unabhängigkeit von Raum und Zeit agiert, also global und in Echtzeit seinen Interessen nachkommen kann. Dazu braucht dieser nicht mehr regelmäßig zu handeln, sondern nur noch mit Kalkül und Intuition eingreifen in Momenten der sich eröffnenden Möglichkeiten. In der beschriebenen Ausweitung der Angestelltenkultur und der Erzeugnisse dieses Einsatzes von Arbeitskraft entdeckt Gilles Deleuze einen paradigmatischen Prozess für die nach Kontrolle und Sicherheit strebende Funktionsweise globalisierter Märkte und kapitalistisch orientierter Gesellschaftsstrukturen:

»Der Mensch der Disziplinierung war ein diskontinuierlicher Produzent von Energie, während der Mensch der Kontrolle eher wellenhaft ist, in einem kontinuierlichen Strahl, in einer Umlaufbahn. Überall hat das Surfen schon die alten Sportarten abgelöst.«[13]

Der Mensch wird getragen von den Energien, die es gilt zu reiten. Nicht selten berichten Surfer, dass sie im Moment des Surfens einer Welle mit dieser verschmelzen, alles vergessen, sich frei fühlen, selbst zur Welle werden. Wellen stellen Surfer her, brauchen sie aber nicht. Die Energieträger bauen sich aufgrund von Energieentladungen auf und überbrücken fast unsichtbar ganze Erdteile, bevor sie sich in ihren unterschiedlichen Größen, Formen und Gemengen demjenigen offenbaren, der sich zur richtigen Zeit einfindet. Ob er dann wirklich die Welle reiten kann, hängt zum einen an seiner körperlichen Verfassung und geistigen Einschätzung, aber vor allem daran, ob seine technische Ausstattung für die jeweiligen Bedingungen geeignet ist. Der nackte Mensch wird erst zu einem potentiellen Surfer durch die Ausstattung des Surfboards, das den Ansprüchen der Welle und seines Nutzers gemäß instand gesetzt sein muss. Er muss an den Ort der Welle gelangen können, denn was nützt ihm eine perfekte Ausstattung an Orten fernab der Wellen. Das Humankapital des Menschen bindet sich an technische Objekte, die erst in ihrem Zusammenspiel funktional werden. Folgt man der Übertragung des Begriffs des Surfens auf die Anwendung netzwerkgestützter Computersysteme, so kann der Mensch erst durch die Ausstattung des Computers zu einem Surfer werden. Er schreibt sich ein in Registraturen und Skripte, die ihn zu einem Akteur und Subjekt in globalen Kommunikationsströmen und Datenfluten machen. Die energetischen Träger sind die Voraussetzung für ihre Nutzung, egal wie sie hergestellt wurden. Ob der Kreislauf der Energieströme nun vom Menschen beeinflusst werden kann oder nicht, am Ort des Geschehens kann es nur interessieren, diese am besten für sich zu nutzen, im Spektrum seiner Möglichkeiten und in dem Interesse seiner Bedürfnisse. Der Surfer lebt mit der Welle. Und für die Welle, ohne die er seine Identität verlieren würde. Im Zeitalter von elektrischer Energie und technischen Medien befinden sich die Schauplätze, welche die höchsten Wellen schlagen, heute an den Orten, an denen sich die Energieströme bündeln und akkumulieren. Banken und Börsen, Energiekonzerne und Erzeuger von Verkehrsmitteln, Computer- und Softwarefirmen, Handels- und Versicherungskonzerne, Unternehmen der Telekommunikation und Unterhaltungselektronik – all diese Institutionen sind Garanten für den technologischen Fortschritt und die Bereitstellung von Energie- und damit auch Finanzströmen. Durch die Verarbeitung von Rohstoffen durch maschinelle Operationen gestützt, benötigen diese Energieträger ein für ihre Operationen optimiertes Humankapital, das sie an ihre technischen Maschinen anbinden können und das mit der ihnen zur Verfügung gestellten Ausstattung möglichst effizient die sich bietenden Wellen der Innovation und des Fortschritts nutzen kann. Die Aktivierung dieser Organmaschinen ist an eine Gouvernementalität gebunden, welche Energien freisetzen möche, um ein Fortschreiten von Machttechnologien zu fördern.

»All dies begann man im 18. Jahrhundert zu entdecken. Man bemerkte, dass die Beziehung zwischen der Macht und dem Untertan oder besser dem Einzelnen sich nicht auf jene Form von Unterwerfung beschränken darf, die es der Macht gestattet, dem Untertan Güter, Reichtümer und möglicherweise sogar Blut und Leben wegzunehmen, sondern dass sie sich auf das Individuum als biologisches Wesen beziehen sollte, das in Betracht gezogen werden muss, wenn man die Bevölkerung als Produktionsmaschine zur Erzeugung von Reichtum, Gütern und weiteren Individuen nutzen will.«[14]

Diese Produktionsmaschine funktioniert nach wie vor durch Anreize für das Subjekt, welche durch die beschriebenen Sicherheitsdispositive bewirkt werden können. In Zeiten von immer wiederkehrenden Finanzkrisen werden diese Sicherheitsdispositive erschüttert, doch zeigen diese nachfolgenden Regenerationen an, wie weit die Ideologie und der Glaube an das Kapital gefestigt sind. Nach Auffassung von Walter Benjamin kommen diese schon in den 1920er Jahren einer Religion gleich:

»Im Kapitalismus ist eine Religion zu erblicken, d.h. der Kapitalismus dient essentiell der Befriedigung derselben Sorgen, Qualen, Unruhen, auf die ehemals die so genannten Religionen Antwort gaben.«[15]

Die Fragestellungen, die Benjamin anführt, können in der umfassenden Gouvernementalität weltumspannender energetischer Konzerne in Anbindung an machterhaltende und essentielle Sicherheitsdispositive aufgefasst werden, auf dies es nur eine Antwort gibt – die Mehrung von Kapital. Der Angestellte, der erst durch Lohnerwerb zu einem Unternehmer seiner selbst werden kann, findet in seinem weltumspannend agierenden Arbeitgeber einen Akteur, der niemals das Licht ausmacht und keinen Ausschaltknopf kennt. Er ist immer ansprechbar in weltweiten Energieströmen, die permanent von Wellen angetrieben werden, die keine Aussetzung kennen. Und sei die Welle noch so klein und auch direkt am Schauplatz durch einen kleinen Wind versucht, verpassen will man sie nicht. Imaginiert man eine Flaute, die durch eine Abebbung von energetischem Fluss möglich erscheint, dann kann im nächsten Moment ein Sturm losbrechen oder – noch viel verheerender – die Ruhe sich als trügerisch erweisen und plötzlich in Form eines Tsunamis anbranden. In dieser permanenten Bereitstellung von Maschinen sieht Benjamin eine Problematik hinsichtlich der Natur des Menschen.

»Der Kapitalismus ist die Zelebrierung eines Kultes sans rêve et sans merci. Es gibt da keinen „Wochentag“(,) keinen Tag der nicht Festtag in dem fürchterlichen Sinne der Entfaltung allen sakralen Pompes(,) der äußersten Anspannung des Verehrenden wäre.«[16]

Zugegeben, die Rhetorik verweist nicht auf eine optimistische Einschätzung zukünftiger Verhältnisse. So wie das Warten im Line Up auf die womöglich perfekte Welle (die immer einer subjektiven Wahrnehmung und Zuschreibung unterlegen ist) als eine kultivierte Handlung zu verstehen ist, so lässt sich auch das Sitzen in den Büros der Arbeitgeber als ein Kultus interpretieren, der sich durch permanente Anspannung und Bereitschaft charakterisieren lässt. Beobachtet werden können in der Folge die Symptome dieser Gesellschaft, die auf ständige Belastung schließen lassen, wie es das Getöse von nächtlichem Zähneknirschen, nervöser Spannung des Wachliegens und dem Kratzen des Grübelns nahelegt. In Zeiten von Amok und Terrorismus, Hotlines und Ansprechpartnern ohne Entscheidungsbefugnis ist dies eine äußerst prekäre Situation für jedes Subjekt, das sich so vor die Aufgabe gestellt sieht, für eine stetige Entlastung zu sorgen.

III. Entlastung

Wenn der Unternehmer seiner selbst zu jeder Zeit und an jedem Ort seiner unternehmerischen Tätigkeit nachgehen kann, stellt sich per se keine Raumzeit mehr zur Verfügung, an denen er nicht versucht sein kann zu arbeiten. In der von Deleuze konstatierten permanenten Anspannung, welche sich der Mensch im Zeitalter des Surfens ausgesetzt sieht, steht dieser vor der Herausforderung, sich selbst aus dieser Nervosität herauszunehmen und Momente zu suchen, um Entlastungen zu schaffen. Die Momente und Zeitspannen der Entlastung sind während der Etablierung der arbeitsteiligen Industriegesellschaft in den Begriff der Freizeit verschoben worden, welcher in der Unterscheidung zum Begriff der Arbeit getroffen wurde. Dies impliziert ebenfalls eine Unterscheidung in einem Modus, in dem sich das Subjekt befindet. Hat es frei oder arbeitet es? Ist es selbstbestimmt oder fremdbestimmt? Damit kommen wir zu zwei weiteren Unterscheidungen – zum einen auf die von Freizeit und Freiheit, zum anderen auf die schon vorher getroffene von Leben und Arbeit.

Die Frage, welchem Pol zwischen Leben und Arbeit man sich zuordnen würde, ist auch bei näherer Betrachtung nicht mehr zu beantworten. Manch einer würde wohl einen Einkaufsbummel oder einen Konzertbesuch als eine Beschäftigung bezeichnen, während der er nicht arbeitet. In der von Foucault angeführten Perspektive ist der konsumierende Mensch jedoch einer, der sich – wie beschrieben – als Unternehmer seiner selbst herstellt.[17] Im Moment des Konsums sorgt er für eine Befriedigung eines Bedürfnisses, wodurch wieder neue Bedürfnisse produziert werden können, deren Befriedigung Arbeit verlangt. Folglich ist der Konsum Bestandteil der unternehmerischen Aktivität des Subjekts und kann so der Beantwortung der Sache nicht zuträglich sein, sondern stellt vielmehr die eingangs angeführte Unterscheidung in Frage. Zudem wurde hoffentlich auch ersichtlich, dass ein Subjekt durch seine Sozialisation hergestellt wird, in der schon die Anlagen seines Humankapitals nicht mit dem Gedanken an das Leben an sich, sondern gerade hinsichtlich seiner sozialen und arbeitsweltlichen Möglichkeitshorizonte angelegt werden. Nach der erzieherischen Normierung im frühen Kindesalter in Institutionen zur Erlernung sozialer Kompetenzen und kultureller Techniken erfolgt die Verfestigung und spezielle Qualifizierung in Schulen und Ausbildungsbetrieben, die allesamt hochgradig das soziale Umfeld, die hegenden Architekturen und Infrastrukturen jeweiliger Orte prägen und eine Selbstzuschreibung mit auf den Weg geben. Kurzum, sie betten das Subjekt ein in die betreffenden sozialen Systeme.[18] Die Investition in das Humankapital des Körpers und den an diesen gekoppelten Geist mit seinem komplexen (Un)Bewusstsein ist ganzheitlich, welches in seinem Denkvermögen und seiner Selbstbewusstheit erst durch entsprechende Kulturtechniken wie Sprechen, Schreiben, Rechnen und der Produktion von Abbildungen erzeugt wird.[19] All diese Techniken wiederum sind anschließbar an und angewiesen auf Medientechniken und Maschinen, die sich in ihrer Zuhandenheit nicht her- und wegstellen lassen, da dies einem Ein- und Ausschalten des Subjektes gleichkommen würde. Es gibt also kein Leben außerhalb der Arbeit – zumindest in dieser Allegorie.

Der Begriff der Freizeit wird ebenfalls in Abgrenzung zu dem der Arbeit verwendet und tritt erst verstärkt im 20. Jahrhundert auf, ebenfalls in Hinsicht auf die Wiederherstellung energetischer und arbeitsfördender Kräfte.[20] Um gleich zum Punkt zu kommen, sei hier eine kritische Sicht von Adorno auf diesen Begriff angeführt:

»Das Wort [Freizeit; d. Verf.] […] weist auf eine spezifische Differenz hin, die von der nicht freien zeit, von der, welche die Arbeit ausfüllt, und zwar, darf man hinzufügen, die fremdbestimmte. Freizeit ist an ihren Gegensatz gekettet.«[21]

Freizeit wird von Arbeit überhaupt erst hervorgebracht und kann folglich ohne diese gar nicht gedacht werden. Die fortschreitende Entlastung lebensnotwendiger Erfordernisse durch die Industrialisierung setzt Zeit frei, welche aber eben durch die Fülle von medialen und konsumorientierten Angeboten gefüllt werden soll, die sich, um im Vokabular der Frankfurter Schule zu verbleiben, mit dem Konzept der Kulturindustrie beschreiben lassen. Freizeit ist folglich in ökonomische und gouvernementale Konzepte eingebunden und manifestiert sich in der allgegenwärtigen Offerierung von sogenannten Freizeit-, Unterhaltungs- und Erholungsangeboten. Adorno sieht in dieser Art der Beschäftigung keinen Zusammenhang mehr mit der Selbstbestimmung des Menschen:

»Die gesellschaftlich eingepflanzte und anbefohlene Phantasielosigkeit macht die Menschen in ihrer Freizeit hilflos. Die unverschämte Frage, was denn das Volk mit der vielen Freizeit anfangen sollte, die es nun habe […] beruht darauf. Daß tatsächlich die Menschen mit ihrer freien Zeit so wenig anfangen können, liegt daran, dass ihnen vorweg schon abgeschnitten ist, was ihnen den Zustand der Freiheit lustvoll macht.«[22]

An dieser Stelle wäre es sicherlich interessant zu erfragen, welche Zuschreibung sich Adorno selbst in dieser Analyse geben würde. Folgen möchte ich seiner Frage nach der Freiheit, die sich bei Foucault in diesem Sinne nicht stellt, ist sie doch für ihn immer mit einer Machtergreifung oder einem Machtausbau verbunden. Adorno hingegen träumt von der Freiheit und steht so in einer Tradition von Hegelianern, wie auch Georg Simmel einer ist.

»Der Mensch ist in dem Maße frei, in dem das Zentrum seines Wesens die Peripherie desselben bestimmt, d.h. wenn unsere einzelnen Gedanken und Entschlüsse, unser Handeln wie unser Leiden, unser eigentliches Ich ausdrücken, unabgelenkt von Kräften, die außerhalb unser liegen.«[23]

Freiheit bindet sich in Einschätzung Simmels also an Kräfte, die im Menschen selbst liegen, ohne von äußeren bestimmt zu werden. Denkt man an die Ausstattung des Menschen und die Anbindung an technische Maschinen beziehungsweise energetische Ströme, so scheint diese Auffassung von Freiheit als eine Utopie, die mich wieder zu den Wellen und der Selbstverwirklichung des Surfers im Moment des Surfens einer Welle bringt.

Und hier endet die Affinität zu dem Surfer von Meereswellen, der sich inmitten der natürlichen Elemente bewegt: Für ihn dient das Surfen als eine Entlastung von Müßiggang, für den Unternehmer seiner selbst ist das virtuelle Surfen die Voraussetzung seiner selbst als Subjekt, also Müßiggang per se. Der wahrhaftige Surfer steigt aus, der virtuelle nicht. Technische Medien versprechen einen Freiheitsgewinn, da durch Kommunikationsmedien – so die Verheißung des Marketings – überall und jederzeit die Freiheit der Entscheidung besteht, den momentanen Aufenthaltsort im Modus der Freizeit oder der Arbeit zu wählen. Doch das ist scheinheilig, denn es gibt keine Wahl. Der Unternehmer seiner selbst ist immer angeschlossen, er kennt nur den Zustand der Erreichbarkeit, weshalb es keine Freizeit gibt. Nur Verweigerung von Erreichbarkeit und somit Verweigerung seiner selbst als Subjekt.

In dem von Paul Virilio konstatierten Zeitalter der Beschleunigung entfleucht die reale Umwelt und die virtuelle Permanenz des Globalen manifestiert sich in der Rastlosigkeit der Subjekte und folglich in einer andauernden Schlaflosigkeit[24]. Die Kommunikation mit Anwesenden weicht einer Kommunikation mit Abwesenden, was die Abwesenheit aus dem real Anwesenden nach sich zieht – die Beschleunigung der Medien führt zu einem Rauschzustand der Subjekte, die sich der globalen Kommunikationspermanenz nicht entziehen können.[25] Wir sind alle im Dienst. Immer. Und wer dies verweigert, der fällt aus den Sicherheitsdispositiven. Und muss resignieren. So lässt es sich schon damals in Marienthal beobachten; wenn Arbeitslosigkeit eintritt, dann schwindet der Lebensmut und die Energien bleiben aus, die das Subjekt speisen.[26] Übrig bleibt ein Mensch, der den Anschluss verloren hat und nicht mehr Fuß fassen kann in einer Gesellschaft, die schnell weitereilt. Man darf nicht mehr in die Wellen, bleibt ausgeschlossen von der gesellschaftlichen Festivität. Schnell veraltet das Surfboard, der Neoprenanzug wird rissig und die Muskeln zum Anpaddeln der Wellen schwinden – und nach einiger Zeit verliert man den Glauben, sich in den Wellen gewandt behaupten zu können.

IV. Orte

Die Orte, an denen sich die mächtigsten Wellen der technischen Energien verdichten und Interferenzen erzeugen, sind die urbanen Räume, nicht selten Finanzzentren genannt, gleichbedeutend mit Hauptstädten von Ländern und Arealen. Städte stellen sich zuallererst einmal dar und können von dort aus gedacht werden; Hochhäuser und Straßenschluchten, Ampeln, Autos, pulsierender Verkehr, immer wieder Ströme, die einhalten, sich dann beschleunigend vorwärts preschen, sich bewegende Werbeschriftzüge, überall Bilder, welche unentwegt die Optionenvielfalt[27] der Stadt vorstellen. Die Stadt wirkt durch Wirkungen. Vor über hundert Jahren empfindet Georg Simmel das Berlin der Jahrhundertwende als einen Ort des ökonomischen Taumels, in dem sich Menschen von »Wellenzügen« treiben lassen, in der die Freiheit zu einer »Bewegungsfreiheit« wird.[28] Die von Simmel geschilderten Szenarien erinnern an die wogenden Massen von Gustave Le Bon, die sich willenlos dem Ereignis verschreiben, ohne dass das Individuum selbst noch seine Vernunft befragen könnte, da ihm sonst schon die Masse enteilt und er einsam und ausgeschlossen wäre.[29] In der Stadt sieht sich der Mensch konfrontiert mit permanenten Reizen, mit einer umfassenden »Steigerung des Nervenlebens, die aus dem raschen und ununterbrochenen Wechsel äußerer und innerer Eindrücke hervorgeht«[30] – schon zu Zeiten Simmel’scher Erfahrungshorizonte, was heute in einem viel höheren Maße gilt. Bewegungsfreiheit schöpft der Städter durch vermehrte Loslösung logistischer Grenzen durch den Fortschritt von Verkehrsmitteln wie Bussen, Bahnen, Automobilen, Rolltreppen und -bändern. Diese wird auf eine andere Weise aber eben auch immer mehr eingeschränkt, nämlich durch die Zunahme von Verboten und Vorschriften[31], was dazu führt, dass allein die Wahrnehmung in Bewegung bleibt, in dem sie bewegt wird durch die Eindrücke der alltäglichen Ströme von sich darbietenden Optionenvielfalten. Die diesbezüglichen Wirkungen, die auf die Psyche des Menschen abzielen, lassen sich als eine Konfrontation von Unterschieden beschreiben, durch die »Unerwartetheit sich aufdrängender Impressionen«.[32] Die Vielfalt an Reizen, Begegnungen und Konfrontationen evozieren Affekte, welche die Psyche des Menschen betreffen und sich in »Erschütterungen und des inneren Umgrabens«[33] der Seele äußern können. Unkalkulierte Handlungen und unkontrolliertes Verhalten kann die Folge sein, die nicht mehr den Mustern eines Unternehmers seiner selbst oder einem Vernunftwesen entsprächen.

»So schafft der Typus des Großstädters,- der natürlich von tausend individuellen Modifikationen umspielt ist – sich ein Schutzorgan gegen die Entwurzelung, mit der die Strömungen und Diskrepanzen seines äußeren Milieus ihn bedrohen: statt mit dem Gemüte reagiert er auf diese mit dem Verstande, […].«[34]

Diese Schutzhaltung steht ganz im Zeichen des homo oeconomicus. Emotionen und Empfindungen werden vermieden, um sich selbst zu erhalten. Die Reize, die zum Konsum anregen, werden mit Mitteln der Vernunft erfasst und ausgewertet. Die seelischen Wirkungen – um bei Simmel zu bleiben – finden im Verborgenen statt, und lassen sich auch dort verhandeln. Die Zunahme der Psychoindustrie ist ein deutlicher Indikator für diese innere Überlastung. Das Aufsuchen einer Institution der Psychotherapie schafft Entlastung und normalisiert zugleich, denn sie stellt nicht das in Frage, was nicht in Frage zu stellen ist. Persönliche Krisen werden durch Beratung in einen Prozess der Normalisierung überführt, die sich an den Gouvernementalitäten der Gegenwart orientiert – und so an denen der Marktwirtschaft.[35] Konsumverzicht und Stadtflucht gehören sicherlich nicht in das psychotherapeutische Repertoire von Strategien zur Entschärfung von anormalen Zuständen, wie sie Paul Virilio wohl vorschlagen würde, für den die technische Verlangsamung körperlicher Bewegungen »zu schwersten Störungen der Person und zu Schädigungen ihrer Realitätstüchtigkeit [führt].«[36] Glorreichen Zeiten kann die Psychotherapie entgegensehen, wie die Akzeptanz dieser in der Gesellschaft anzeigt; denn die steigende Bereitschaft zur Aufnahme einer solchen Unternehmung offenbart den Willen des Subjekts, sich als ein Patient der gesellschaftlichen Ordnung zu unterwerfen und an sich selbst arbeiten zu wollen. Arbeiten an sich selbst muss aber nicht direkt an Institutionen gebunden sein, wie in Form einer Situation der Einschließung, sondern kann auch außerhalb der Öffentlichkeit stattfinden und an sich selbst ausgeführt werden. Foucault bezeichnet dies als Technologien des Selbst.

»Darunter sind gewusste und gewollte Praktiken zu verstehen, mit denen die Menschen nicht nur die Regeln ihres Verhaltens festlegen, sondern sich selber zu transformieren, sich in ihrem besonderen Sein zu modifizieren und aus ihrem Leben ein Werk zu machen suchen, das gewisse ästhetische Werte trägt und gewissen Stilkriterien entspricht.«[37]

Diese Technologien sind vielfältig und finden einen markanten Ausdruck in der individuellen Kultivierung des Schreibens, des Sprechens, dem Lesen, des Lebenslaufes, also dem, was das Subjekt nach variablen ideologischen Doktrinen verkörpern und kommunizieren versucht. In Folge der Optimierung des Ausstattens und Instandhaltens solcherlei Technologien ist die Leistungsbereitschaft einem Leistungsvermögen unterworfen, das sich in Konzentrationsschwäche (sic!), Schlafbedürfnis oder Appetit fassen lässt, sich also gerade auch an das geistige Leistungsvermögen koppelt. Solche Symptome lassen sich der Organmaschine zurechnen und sind durch eine Zuführung von Stimulanzen zu überwinden. Mitunter wird eine »Ritalin-Gesellschaft« diagnostiziert, welcher der Konsum von Kaffee und Energydrinks nicht mehr ausreicht, um den ständigen Anforderungen der zunehmenden Beschleunigung nachzukommen.[38] Ritalin ist wie Kokain, nur besser. Und macht besser. An Universitäten ist es weit verbreitet, schließlich wurden viele Studenten schon in ihrer Kindheit an die Droge herangeführt – von Psychotherapeuten.[39] Und verlässlichen Kundenzuwachs scheint es zu geben, wenn die Hälfte aller Bürger grundsätzliche Bereitschaft für die Aufnahme einer Psychotherapie signalisiert.[40] So wie sich die Geschwindigkeit des Ausstattungsprogress erhöht, so beschleunigen auch die Subjekte – in Eigentherapie, allerdings ohne Langzeitwirkungen dieser Brennstoffe einberechnen zu können. Und da der Unternehmer seiner selbst auch immer Produzent von Gesellschaft ist, fließen diese Stimulanzen geradewegs zurück in die Energieströme der Zukunft, die immer höhere Wellen hervorbringen, die nach noch wagemutigere Surfer verlangen.

Eine andere Form der Selbsttechnologie in der Herstellung von Leistungsvermögen liegt in der Entlastung durch körperliche Betätigung, die der Bewegungsarmut des Alltags entgegenwirkt. Die eigentliche Entlastung körperlicher Anstrengungen durch technische Apparate wie Küchengeräte, Rolltreppen, Fahrstühle oder Automobile führt zu einer sitzenden oder zumindest stehenden Menschheit in den Städten, die wiederum nach Kompensation verlangt.

»“Sport“ soll dieser Verkümmerung ein wenig abhelfen, und so werden bestimmte Orte und Plätze für geregelte körperliche Übungen vorgesehen. Das aber heißt willentlich die Permanenz der Körperkultur und die Auswirkungen der alltäglichen Körperhaltungen auf das Psychische verkennen.«[41]

Tagtäglich strömen die Menschen in Fitnessstudios, um sich auf den Laufbändern das Leistungsvermögen wieder anzutrainieren, das sie an die Rolltreppen verloren haben. In den Einschließungsmilieus der heterotopen Disziplinarinstitutionen der Vereine und den dargebotenen Sportplätzen oder angelegten Laufstrecken, den Wanderwegen – hinaus in die Parks und Landschaften und wieder hinein in die Stadt – finden nun die Aktivitäten statt, die aufgrund der glorreichen Errungenschaften der Wachstumsgesellschaft verloren gegangen sind – ganz im Sinne einer Gouvernementalität, die aus dieser Sportindustrie auch noch einen finanziellen Nutzen zieht. Längst sind die Ausstattungen für die jeweiligen Aktionsfelder ein fester Bestandteil der sogenannten Freizeitindustrie geworden, welcher es nicht an Ideen mangelt, diese weiter auszubauen. Ganz im Sinne des Abreitens von Modewellen, von Trends. Der Bedarf, für einen gesunden Körper und einen ausgeglichenen Gemütszustand zu sorgen, fordert nach immer neuen Trendsportarten, die durch wissenschaftlich gestützte Marketingstrategien ihre Nachfrage selbst einfordern.

In Anlehnung an Schiller ist der Mensch nur da ganz Subjekt, wo er spielt, nämlich unter dem Regelwerk der Institutionen und deren Ausstattungen.[42] Alte Steckenpferde wie Fußball, Ball- und Schlägersportarten sowie andere Vereinssportarten sind inzwischen für beide Geschlechter geöffnet und fördern ein Gemeinwesen, in der sich die jeweiligen sozialen Zuschreibungen aus beruflichen Tätigkeiten nicht auflösen, sondern in bestimmten Milieus verdichten und bestärken – und Körper hervorbringen, die den biopolitischen Paradigmen des Gouvernementalen entsprechen. Zudem hat die Wellnessgesellschaft den Raum mit Orten versehen, in denen Eingeschlossene ihren Entlastungen nach Anleitung nachgehen können, in mannigfaltigen Bezeichnungen wie Aerobic, Pilates nach immer gleichen Modi einer Unterrichtsstunde. Insbesondere der nach spiritueller Ausgeglichenheit und körperlich-geistiger Harmonie strebende Konsument von Yoga-Kursen versinnbildlicht die Suche nach dem Karma, was sich in Einklang bringen lässt mit dem Surfen von energetischen Wellen, die auch außerhalb der Yogaschule Auftrieb geben sollen. Nicht selten wird das Ideal des Surfens, dem wirklichen Surfen im Meer, mit Yoga kombiniert, mit dem Ziel, die körperlichen Synergien von dem einen in das andere Energiefeld zu übertragen und zu akkumulieren. Die Surfindustrie hat wie selbstverständlich Yoga integriert. Und da erstere an das Reisen, heute als Tourismus bezeichnet, gekoppelt ist, findet sie eine weitere Allianz zu einer Technologie des Selbst, über die sich das Subjekt Entlastung und gefühlte Freiheit verspricht. Travel und Travail, Reisen ist Arbeit, egal ob ‚Nachhaltig‘ oder ‚Pauschal‘, ebenso wie Yoga und schließlich auch das Surfen an den Stränden dieser Welt. Die Technologien des Selbst haben kein Außen, sie begleiten uns, immer und überall, den Unternehmer seiner selbst, der immer dann konsumiert, wenn er durch seine Erwartung ein Bedürfnis nach einem bestimmten Ereignis, einem Ziel, einem Ergebnis produziert, das innerhalb seiner Sicherheitsdispositive stattfindet.

V. Einfall

Die Belastung allgegenwärtiger Herausforderungen der urbanen Energieströme impliziert ein Bedürfnis nach Entlastung, das von den jeweiligen Individuen ausgeht, aber durch die Affinität zu Selbstverwirklichung von Freizeitindustrien produziert wird. Jedwede Handlung – und sei sie noch so banal – ordnet sich einer Ideologie der Effizienz und des Fortschritts unter, dass das Subjekt fordert und fördert, solange sich dieses in den Wirkungskreisen einer normalisierenden Gouvernementalität und der bereitgestellten Sicherheitsdispositive, sprich technisch generierter Energieströme, bewegt. Persönliche Krisen werden durch Technologien des Selbst ver- und bearbeitet, und, falls dies nicht zu Stabilisierungen und Amplifikationen der Optionenvielfalten führt, durch Institutionen aufgezeigt und geebnet, wenn auch mit einer meist kurzfristigen Wirkung. Folge ist eine dauerhafte Behandlung des eigenen Selbst durch Maßnahmen der Normalisierung. Wer in dieser Gesellschaft zufrieden sein soll, der muss sich selbst helfen – und sich helfen lassen. Deleuze schreibt von »Umlaufbahnen«, »einem kontinuierlichen Strahl«, in dem wir uns bewegen und bewegt werden. Und es scheint, als würden die Menschen dies begreifen, dass es ein Spektrum ihrer Optionen gibt, das sie nicht verlassen können, ohne sich aus den Sicherheitsdispositiven herauszubewegen.[43] Wer schon heute wissen möchte, was es morgen zu essen gibt, muss sich registrieren und normalisieren. Hervorhebenswert scheint mir in diesem Zusammenhang die weiter oben angeführte Bemerkung Foucaults über den Unternehmer seiner selbst, der er auch ist, wenn er konsumiert:

„Der konsumierende Mensch ist, insofern er konsumiert, ein Produzent. Was produziert er? Nun, er produziert ganz einfach seine eigene Befriedigung. Man muß den Konsum als eine unternehmerische Aktivität betrachten, durch die das Individuum eben auf der Grundlage des verfügbaren Kapitals seine eigene Befriedigung produziert.“[44]

Doch was ist er, wenn er nicht konsumiert? Fällt er dann heraus aus den Machtnetzwerken und Energieströmen? Und wie ist Nicht-Konsum zu begreifen? Konsum ist gebunden an eine Befriedigung von Bedürfnissen, die sich auf das Erkennen, also die kognitive Fähigkeit des Menschen beziehen. Wer sich erkennt, der ist. Cogito ergo sum. Das macht den Menschen zum Menschen und zum Subjekt. Anders gesagt: Ich erkenne, dass ich morgen Hunger haben werde, also sorge ich für mich. In dieser Sorge um sich selbst manifestiert sich die Paradoxie des Freiheitsbegriffs; denn wenn Freiheit in dem Ausdruck des eigenen Ichs besteht, dann ist dies der Hunger von morgen, der in Abhängigkeit steht von denjenigen, die das morgendliche Mahl servieren können. Der Mensch kann heute nicht mehr selbst für seine Nahrung sorgen, wenn es die technischen Ströme sind, die all diese Energien produzieren und modellieren, aus denen sich unsere Befriedigungen speisen. Folglich ist es das Bedürfnis nach dem Hunger von morgen, der ihn bedürftig macht und Abhängigkeiten erzeugt, da er sie selbst nicht befriedigen kann. Er ist abhängig von der nächsten Welle, die er nehmen muss, will er die Befriedigung seiner Bedürfniserwartung. Wenn er sie denn nehmen kann, was von seiner Ausstattung abhängt. Doch was ist eigentlich ein Surfer, der eine Erwartung an die nächste Welle hat? Es ist doch vielmehr das Versprechen des Surfens, in der Welle den Moment der Freiheit zu empfinden, indem die Singularität der Fremdbestimmung unerwartete Herausforderungen stellt, auf die reagiert werden kann und muss. Bedürfnisbefriedigung ist immer Konsum.

Surfen ist kein Zustand, sondern ein Moment, ein Augenblick, der Freiheit suggeriert. Ein Kick, ein Rausch, der verebbt, wenn er andauert. So ist es die Dauer, die Gewohnheit, welche die Freiheit vergessen macht, indem sie zur Erwartung wird. Der unvergessliche erste Rausch wird imaginiert und kultiviert, schafft Abhängigkeit durch die Anpassung an ihren Wirkstoff, doch kann er nie wieder so erzielt werden, wie im ersten Aufkommen – wenn dieses erwartet wird. So ist das Gedächtnis des Menschen sein Fluch und sein Segen, denn so erinnert er sich an die Mahlzeit von morgen, aber eben auch daran, was er dafür geben muss. Es gibt keinen Zustand der Freiheit, sondern nur eine funkenartige Empfindung der Freiheit, einen Affekt. Dieser entsteht durch eine unerwartete Wirkung, der sich Mensch ausgesetzt sieht, auf die er reagiert, impulsiv, mit den Mitteln seiner Ausstattung – und sich so selbst bewusst wird. In dieser Entdeckung von Welt entsteht etwas Neues, die den Menschen sich selbst fühlen lässt, was Energie freisetzt. Ein Rausch, der sich dem öffnet, der das Unerwartete unerwartet. Folglich ist der Affekt nicht kontrollierbar und findet außerhalb unserer Erwartung statt, die immer in Sicherheitsdispositive eingebettet ist beziehungsweise diese hervorbringt. Kontrolle ist das Begehren der Gouvernementalität, die kein Außen kennt. Ausflippen kann jeder, er muss sich nur vorher anmelden. Wer sich nicht unterordnet, wird sanktioniert. Das scheint auch relevant für die Ängste der Moderne zu sein; Angst vor der Unterordnung und Angst vor der Sanktionierung – und die Angst, die Unterordnung nicht sicherstellen zu können (und sanktioniert zu werden).

Affekte können in ihrer Empfindung ebenso beglückend wie auch verletzend sein, was die Gouvernementalität zu der Strategie führt, Affekte grundsätzlich zu verurteilen, indem sie die negativen Wirkungen in nicht enden wollenden Wiederholung aufzeigt, vor Augen führt und sie denunziert. Es gilt, die Affekte einzukerben, sie aus den Gefilden des Glatten einzugemeinden und zu kontrollieren.[45] Gouvernementalität versucht Affekte zu simulieren und nachzuahmen, um die Bevölkerung in ihren Sicherheitsdispotiven zu erhalten und über ihre Eingeschlossenheit hinwegzutäuschen. Sie gibt vor, Träume zu erfüllen, die in der Gouvernementalität nie erfüllbar sind, da sie sich – wenn sie in ihrer Eigentlichkeit auftreten – außerhalb ihrer bewegen. Sie werden ersetzt durch ‚Scheinaffekte‘, die auf den Bahnen der Ideologie einer Geldwirtschaft angesiedelt sind und die größtmögliche Freiheit versprechen, die eine heutige Gouvernementalität zu bieten hat, nämlich eine ökonomische. Dies scheint jedoch nicht vollständig zu funktionieren, wie die erheblichen Zweifel des Individuums an seiner Selbstbestimmung und die zwanghaften Selbsttechnologien der Normalisierung anzeigen. Wie kann man diesen entfliehen? Wie kann man Affekte verwahrscheinlichen? Wohl nicht dadurch, dass man sie beschreibt, sie erläutert, in den Agenten der Gouvernementalität. Ausführungen darüber würden Erwartungen wecken und Affekte so verhindern helfen, weshalb an dieser Stelle auf weitere Analysen und Entwürfe verzichtet werden soll.

Zurück zum Strand: Wie ist eigentlich der Surfer, wenn er aus dem Wasser steigt? Seinen selbst gewählte Möglichkeitsraum der Freiheitsempfindung verlässt? Dann ist er Vertreter einer Freizeitindustrie und einer sozialen Utopie. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Doch sicher in Erwartung eines schmackhaften Abendessens. Vielleicht muss sich der Mensch einfach damit abfinden, immer im Dienst der gouvernementalen Energien zu stehen, wenn sie ihn denn erreichen können. Ob er das nun als Arbeit begreifen mag, bleibt im überlassen, empfinden wird er es.


[1] Murilo Velarde: Historia de la Provincia de Philipinas de la Compañía de Jesús. Manila: Imprenta de la Compañia de Jesus, 1749. Zitiert nach: Fedor Jagor: Reisen in den Philippinen. Aurich: Karl Meyer, 198. S. 14.

[2] Niklas Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1989. S. 216f.

[3] Thomas Hobbes: Vom Menschen. Vom Bürger. Hamburg: Felix Meiner, 1966. S. 17.

[4] Vgl. Niklas Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1989. S. 212.

[5] Vgl. Siegfried Kraucauer: Die Angestellten. Allensbach und Bonn: Verlag für Demoskopie, 1959.

[6] Michel Foucault: Die Geburt der Biopolitik. Geschichte der Gouvernementalität II. Vorlesung am Collège de France 1978-1979. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2004. S.308.

[7] Vgl. Michel Foucault: Die Geburt der Biopolitik. Geschichte der Gouvernementalität II. Vorlesung am Collège de France 1978-1979. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2004. S.312.

[8] Michel Foucault: Die Geburt der Biopolitik. Geschichte der Gouvernementalität II. Vorlesung am Collège de France 1978-1979. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2004. S.312.

[9] Michel Foucault: Die Geburt der Biopolitik. Geschichte der Gouvernementalität II. Vorlesung am Collège de France 1978-1979. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2004. S. 315.

[10] Vgl. Michel Foucault: Die Geburt der Biopolitik. Geschichte der Gouvernementalität II. Vorlesung am Collège de France 1978-1979. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2004. S. 316.

[11] Vgl. Michel Foucault: Die Geburt der Biopolitik. Geschichte der Gouvernementalität II. Vorlesung am Collège de France 1978-1979. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2004. S.316.

[12] Vgl. Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2010.

[13] Gilles Deleuze: Postskriptum über die Kontrollgesellschaften. In: ders.: Unterhandlungen 1972-1990. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1990. S. 254-262; hier: S. 258. Hervorhebung im Original.

[14] Michel Foucault: Die Maschen der Macht. In: ders.:Analytik der Macht. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2005. S. 231.

[15] Walter Benjamin: Kapitalismus als Religion [Fragment]. In: ders.: Gesammelte Schriften. Band IV. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1995. S. 100-102. Hier: S. 100.

[16] Walter Benjamin: Kapitalismus als Religion [Fragment]. In: ders.: Gesammelte Schriften. Band IV. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1995. S. 100-102. Hier: S. 100. Anführungsstriche und Klammern im Original.

[17] Michel Foucault: Die Geburt der Biopolitik. Geschichte der Gouvernementalität II. Vorlesung am Collège de France 1978-1979. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2004. S. 315.

[18] Vgl. Niklas Luhmann: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1989.

[19] Zum Begriff der Kulturtechniken: »Medien werden als Kulturtechniken beschreibbar, wenn die Handlungsketten rekonstruiert werden, in die sie eingebunden sind, die sie konfigurieren oder die sie konstitutiv hervorbringen. Der Begriff der Kulturtechniken kann indes nicht auf die symbolischen Techniken des Bild-, Schrift- und Zahlgebrauchs eingeschränkt werden, sondern schließt auch die von Marcel Mauss so getauften ‚Körpertechniken‘ ein, das heißt den Gebrauch, den Kulturen vom Körper machen. Dazu gehören Riten, Sitten und Trancetechniken ebenso wie Übung und Disziplinarsysteme, Diätetiken oder die Praktiken der Hygiene.« In: Bernhard Siegert: Kulturtechnik. In: Harun Maye/Leander Scholz (Hg.): Einführung in die Kulturwissenschaft. München 2011. S. 95-118. Hier: S. 98. Hervorhebung im Original.

[20] Horst W. Opaschowski: Einführung in die Freizeitwissenschaft. Wiesbaden: verlag für Sozialwissenschaften, 2008. S. 27. Die Freizeitwissenschaft konstatiert eine Loslösung von geregelter Arbeit, allerdings aus anderen Begrifflichkeiten und Perspektive heraus als die hier angelegten.

[21] Theodor W. Adorno: Freizeit. In: ders.: Gesammelte Schriften. Band 10/2. Kulturkritik und Gesellschaft II. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1977. S. 645-655. Hier: S. 645.

[22] Theodor W. Adorno: Freizeit. In: ders.: Gesammelte Schriften. Band 10/2. Kulturkritik und Gesellschaft II. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1977. S. 645-655. Hier: S. 645.

[23] Georg Simmel: Vom Heil der Seele. In: ders.: Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908. Band I. S. 109-115. Hier: S. 111.

[24] So gesagt von Bernhard Siegert auf der Tagung ‚Offene Objekte‘ des Internationalen Kollegs für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie (IKKM) in Weimar vom 28. bis 30. April 2010 , in seiner Funktion als Veranstalter.

[25] Vgl. Peter Berger, Anwesenheit und Abwesenheit. Raumbezüge sozialen Handelns, in: Berliner Journal für Soziologie, H. I (1995), S. 99–111. Hier S. 99.

[26] Vgl. Marie Jahoda/Paul Felix Lazarsfeld/Hans Zeisel: Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit. Allensbach: Verlag für Demoskopie, 1960. S. 59.

[27] Das Begriffskonzept der Optionenvielfalt geht zurück auf dessen Verwendung durch Hartmut Rosa. Vgl. Hartmut Rosa: Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2005. S. 442.

[28] Georg Simmel: Großstädte und das Geistesleben. In: ders.: Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908. Band I. S. 116-131. Hier: S. 127.

[29] Vgl. Gustave Le Bon: Psychologie der Massen. Leipzig: Alfred Kröner Verlag, 1955.

[30] Simmel: Großstädte und das Geistesleben. In: ders.: Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908. Band I. S. 116-131. Hier: S. 127.

[31] Vgl. Paul Virilo: Fahrzeug. In: ders.: Fahren, fahren, fahren… Berlin: Merve Verlag, 1978. S. 19-50. Hier: S. 38.

[32] Georg Simmel: Großstädte und das Geistesleben. In: ders.: Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908. Band I. S. 116-131. Hier: S. 117.

[33] Georg Simmel: Großstädte und das Geistesleben. In: ders.: Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908. Band I. S. 116-131. Hier: S. 117.

[34] Georg Simmel: Großstädte und das Geistesleben. In: ders.: Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908. Band I. S. 116-131. Hier: S. 117.

[35] Vgl. Boris Traue: Das Subjekt der Beratung. Zur Soziologie einer Psycho-Technik. Bielefeld: Transcript, 2010.

[36] Paul Virilo: Fahrzeug. In: ders.: Fahren, fahren, fahren… Berlin: Merve Verlag, 1978. S. 19-50. Hier: S. 39.

[37] Michel Foucault: Der Gebrauch der Lüste. Sexualität und Wahrheit 2. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1993. S. 18

[38] Richard DeGrandpre: Die Ritalin-Gesellschaft. ADS: Eine Generation wird krankgeschrieben. Basel: beltz Verlag, 2002. S. 16.

[39] Schätzungen gehen von 3-5% Kinder und Jugendlichen aus, die aufgrund der Diagnose ADS oder ADHS mit Ritalin behandelt werden. Siehe: Rolf Haubl/Katharina Liebsch: Einführung. In: dies. (Hg): Mit Ritalin leben. ADHS-Kindern eine Stimme geben. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2010. S. 7-15. Hier: S. 7.

[40] Vgl. Andreas Frei: Der volkswirtschaftliche Nutzen der Psychotherapie. In: Heiner Vogel/Jürgen Wasem: Gesundheitsökonomie in Psychotherapie und Psychiatrie. Stuttgart: Schattauer, 2004. S. 131-150. Hier: S. 139.

[41] Paul Virilo: Fahrzeug. In: ders.: Fahren, fahren, fahren… Berlin: Merve Verlag, 1978. S. 19-50. Hier: S. 38. Hervorhebung im Original.

[42] Gemeint ist der Ausspruch: „Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. In: der.: Theoretische Schriften. Köln: Könemann, 1999. S. 250-348. Hier: S. 297. Hervorhebungen im Original.

[43] Gilles Deleuze: Postskriptum über die Kontrollgesellschaften. In: ders.: Unterhandlungen 1972-1990. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1990. S. 254-262; hier: S. 258.

[44] Michel Foucault: Die Geburt der Biopolitik. Geschichte der Gouvernementalität II. Vorlesung am Collège de France 1978-1979. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2004. S. 315.

[45] Vgl. Gilles Deleuze/Félix Guattari: Tausend Plateaus: Kapitalismus und Schizophrenie. Berlin: Merve-Verlag, 1997. S. 496.

Foto: Claudia Greiner